Lucia Moholy lebte fünf Jahre lang am Bauhaus und prägte mit ihren dort entstandenen Fotografien das öffentliche Bild des Bauhauses ganz entscheidend mit. Durch diese Arbeiten wurde sie als Künstlerin berühmt – trotzdem stand sie stets im Schatten ihres Mannes.
Denn die Arbeiten, die nach ihrer Zeit am Bauhaus entstanden, wurden bislang nur wenig von der Öffentlichkeit beachtet. Das Bauhaus-Archiv widmet nun erstmals den bisher unbekannten Werken Lucia Moholys eine Ausstellung.
1894 wurde die Fotografin in Karolinenthal bei Prag als Lucia Schulz geboren und studierte zunächst Deutsch und Englisch auf Lehramt. Danach begann sie Kurse in Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Prag zu besuchen. Bereits mit 21 Jahren bekundete sie in einem Tagebucheintrag „ein Interesse für die Photographie“, das sie ihr Leben lang begleitete: „Ich bin eine passive Künstlerin, ich kann Eindrücke aufnehmen und wäre sicherlich befähigt, alle von der schönsten Seite aufzunehmen…“ Trotzdem arbeitete sie zunächst als Redakteurin und Lektorin bei mehreren Verlagen.
Mit 27 Jahren lernte sie ihren zukünftigen Mann László Moholy-Nagy kennen. Ein Jahr später begann sie im Bereich der experimentellen Fotografie zu arbeiten. Sie hatte wesentlichen Anteil an den theoretischen Schriften ihres Mannes und redigierte mit ihm zusammen die viel beachteten Bauhaus-Bücher. Lucia Moholys Architektur- und Produktaufnahmen trugen maßgeblich dazu bei, dass das Bauhaus sich in der Art als Institution nach außen präsentieren konnte, wie es heute wahrgenommen wird. 1939 veröffentlichte Moholy die umfassende theoretische Schrift „A hundred years of photography“, welches anlässlich der Ausstellung neu aufgelegt und ins Deutsche übersetzt wurde.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Lucia Moholy nach London. Während ihrer englischen Jahre widmete sie sich vorwiegend der Porträtfotografie, um ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. Sie avancierte zur angesehenen Porträtistin von Prominenten, Intellektuellen, Wissenschaftlern und Autoren. Die Ausstellung zeigt das ganze Spektrum ihrer Auftragsarbeiten von klassischen Porträts im Stil der Jahrhundertwende bis hin zu sachlichen Bildkompositionen in Tradition ihrer Bauhaus-Fotografien. Daneben sind Landschafts- und Architekturaufnahmen zu sehen, die zeigen, dass sich in Lucia Moholys Werk handwerkliches Können und kreativer Ideenreichtum die Hand reichen.
Die sehenswerte Ausstellung Lucia Moholy. Die englischen Jahre läuft bis zum 27. Februar 2017 und wird von einem Veranstaltungsprogramm begleitet.
Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung, Berlin
Beitrag: Alicja Schindler
Fotos:
Lotte Meitner-Graf, Porträt Lucia Moholy, um 1953-1955 Bauhaus-Archiv Berlin, © Anne Meitner
Lucia Moholy, Hände mit Taschenspiegel, 1936 Bauhaus-Archiv Berlin, © VG Bild-Kunst Bonn
Lucia Moholy, Porträt Inez Spender, 1936 Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn
Lucia Moholy, Cambridge, 1936 Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn
Lucia Moholy, Health Centre Peckham, London, (Architekt: William Owens), 1933-1935 Neuabzug vom Originalnegativ, Markus Hawlik 2001 Bauhaus-Archiv Berlin, © VG Bild-Kunst Bonn