Über durchsichtige Taschen und soziale Medien.
Komplette Transparenz
Auf dem Weg zur Arbeit sitzt sie mir gegenüber. Ihre Tasche enthält Geldbeutel, Schlüssel, Kaugummi, eine Banane und drei verschiedenfarbige Kugelschreiber. Eingehüllt in klares PVC trägt sie ihre Habseligkeiten lässig über die Schulter. Sichtbar für jeden. Spätestens seit Raf Simons, Chanel und Celine (inzwischen ohne Accent aigu!) ihre Version der durchsichtigen Tote lanciert haben, sind transparente Taschen mehr als nur trendverdächtig. Momentan findet man sie beispielsweise auch bei Monki in ihrer “Style Crush” Kampagne (siehe Bild).
Doch warum tragen wir durchsichtige Taschen aus Kunststoff? Gerade der Inhalt einer Handtasche, unseres tagtäglichen Begleiters, kann sehr viel über uns und unser Leben aussagen. Wir sind heutzutage weit aus bereiter Einblicke in unser Leben zu teilen, sei es bei Umfragen oder über soziale Medien. Von den Orten, die wir besuchen, bis hin zu dem Essen das wir zu uns nehmen- wir teilen alles über Instagram, Snapchat oder Facebook. Und das ganz freiwillig.
Gleichzeitig leben wir in einer von Konsum getriebenen Gesellschaft, in der man sich nicht mehr primär über das was man sagt oder tut definiert, sondern über das, was man kauft und trägt. Wer in seiner PVC-Tasche einen Power-Riegel, Obst und einen Smoothie trägt ist automatisch ein Health-Freak, während der Mode-Influencer die It-Sonnenbrille von morgen und einen Designer Geldbeutel zur Schau stellt. Man sollte sich jedoch bewusst machen, dass genau wie auf sozialen Medien auch der Inhalt einer Tasche zusammengestellt und geplant werden kann um ein gewisses Image zu porträtieren. In unserer schnellen, dynamischen Gesellschaft ist der erste Eindruck, unser Erscheinungsbild, von äußerster Bedeutung. Mit Hilfe von Objekten können wir schnell von anderen in die Kategorie eingeordnet werden, in die wir gehören wollen. Auf diese Art und Weise sind die durchsichtigen Totes ein Mittel um zum Selbstausdruck und auch je nach Inhalt visuell anpassbar und ansprechend.
Der Feed auf Instagram und die Transparenz einer Tasche sind jedoch nocheinmal völlig andere Dinge, als die Transparenz einer Person. Denn letzten Endes sollte man auch nicht vergessen, dass meist die Wahrheit über einen Menschen vor allem in dem liegt, was er verbirgt.
Beitrag: Anna-Maria Blatt
Bilder: PR