Interview: Eliot Sumner

vor 9 years

Sechs Jahre ist es her, dass Eliot Sumner ihr erstes und letztes Studioalbum veröffentlicht hat. Damals kannten wir sie noch unter dem Pseudonym I Blame Coco, als Teenager mit kurzen mädchenhaften Locken.

Ihre markante Stimme ist unverwechselbar, erinnert diese doch stark an ihren berühmten Vater Sting. Allerdings geht Eliot Sumner ihren eigenen künstlerischen Weg und hat ihren musikalischen Stil neu für sich definiert. Ihr zweites Album Information klingt anders als The Constant. Mit der neuen Platte grenzt sich Eliot klar von den mädchenhaften Pop-Melodien ihres ersten Werks ab. Information ist ein modernes Album, auf dem Gitarren und Synthesizer dominieren, mit psychedelischen 80er Einschlägen. Wir trafen die 25-Jährige Britin vor kurzem in Berlin und sprachen mit ihr über Selbstfindung, die Vorzüge dunkler Orte und ihre Vorliebe für Ramen-Nudeln.

Ich habe dich vor einigen Jahren auf dem Hurricane Festival spielen sehen, damals als I Blame Coco. Lykke Li und Arcade Fire waren in diesem Jahr auch da.
ES:
Wirklich? Das Hurricane Festival war super. Stimmt, Lykke Li war da, und die Foo Fighters haben auch gespielt.

2014 warst du zusammen mit Lykke Li auf Tour. Mich würde es interessieren, wie es ist mit ihr auf Tour zu sein. Sie wirkt so unnahbar und strahlt etwas derartig Mysteriöses aus…
Ja, Lykke Li ist geheimnisvoll. Wir sind sehr gute Freunde, insofern war es toll und hat Spaß gemacht. Es waren zwei Wochen, in denen wir unter anderem auch für ein paar Shows in Deutschland waren. Das war das erste Mal, dass wir gemeinsam als Band auf Tour waren.

Seit deinem letzten Album The Constant ist einige Zeit vergangen. Brauchtest du Abstand zur Presse und den Medien?
Ich brauchte keine Pause. Ich wollte es bloß langsam verblassen lassen und dann mit etwas komplett neuem zurückkommen. Mit einem neuen Namen und einem neuen Sound. Das fühlt sich sehr gut und aufregend an.

Information klingt sehr viel düsterer und gitarrenlastiger, weniger poppig als The Constant.
Ich glaube, das Album bin durch und durch ich. Das erste Album habe ich nicht wirklich als meine Arbeit wahrgenommen. Damals war ich noch in der Phase mich als Person und Songwriter zu entwickeln. Das jetzt ergibt für mich mehr Sinn.

Gibt es eine Platte oder einen Künstler, etwas, dass dich bei der Arbeit an Information inspiriert hat?
Ich habe sehr viel deutsche Musik gehört. Ich bin ein großer Deutschland-Fan und höre zum Beispiel Kraftwerk sehr viel. Industrielle Musik. Brian Eno habe ich auch viel gehört. Dieser Sound und diese Art von Musik haben die Struktur meiner neuen Platte gebildet.

In einigen Interviews, die ich gelesen habe, sagst du, die Songs kämen von dunklen Orten. Von welchen Orten sprichst du genau?
Ich habe mich immer eher zur Dunkelheit hingezogen gefühlt. In dieser Umgebung fühle ich mich wohler, was das Schreiben und die Kreativität angeht. Es ist mehrdimensional, anders als Songs mit einem fröhlichen Kontext. Die dunkle Seite der Dinge, mit ihrer Vielschichtigkeit, ist viel interessanter und komplexer. Wenn ich eine schlechte Zeit durchmache, fange ich an kreativ zu sein. Ich bin ein absoluter Hypochonder. Das ist mein Problem. (lacht)

Was tust du um da rauszukommen?
Ich mache eine Menge Übungen. Es hilft, wenn man körperlich erschöpft ist, denn dann denke ich nicht so viel nach. Außerdem macht es mich kreativ. Auf die Bühne zu gehen ist wahrscheinlich das beste Heilmittel. Danach bin ich süchtig.

Die Nacht hat etwas Unheimliches. Sie lässt mich oft schlaflos an die Decke starren. Man denkt über viele Dinge nach, die einem am Tag nicht in den Sinn kommen. Würdest du sagen, dass du in der Nacht kreativer bist?
Ich denke schon. In Ländern wie Schweden oder England gibt es so viel Kreativität, weil das Wetter so schlecht ist. Man kann nichts anderes tun als drinnen zu sein und Zeug zu machen. Jahreszeiten helfen auf jeden Fall beim Songwriting. Im Sommer ist es unmöglich zu schreiben. Man spürt keinen Vibe.

Genießt du beim Schreiben ein besonderes Umfeld um dich herum?
Nicht wirklich. Kürzlich habe ich mit einer Methode angefangen. Ich versuche mir vorzustellen, an welchem Ort ich bin, welches Jahr wir haben und von was ich umgeben bin. Ich kann meine Vorstellung nutzen, um mir eine Umgebung zu schaffen und eine Stimmung zu erzeugen. Das scheint zu funktionieren.

Bist du lieber für dich, wenn du Songs schreibst?
Manchmal, ja. Wenn man aber nicht weiterkommt ist es aber immer gut einen Freund bei sich zu haben. Gerade wenn jemand anders im Raum ist möchte man diese Person beeindrucken. Das ist Psychologie. (lacht)

Dein Song „Information“ handelt von der Angst jemanden zu verlieren. Viele von uns können das wohl nachvollziehen. Bist du es auch, die aus diesen Zeilen spricht?
Ja. Aber ich denke, dass es einer dieser Songs ist, mit denen sich viele Menschen identifizieren können. Er ist nicht besonders spezifisch.

Das Gefühl spiegelt sicherlich auch das Gefühl unserer Generation wieder.
Es ist ein sehr modernes Album. Ich wollte, dass es in gewisser Art und Weise die Zeit repräsentiert, in der wir leben. Aber eben mit den vertrauten, unklaren Synthesizern.

Du bist auch bei Instagram angemeldet. Wie schätzt du die Auswirklungen von Social Media auf dein Privatleben ein?
Mir gefällt Instagram. Ich mag das Format und ich finde es ist eine lustige Art den Leuten zu zeigen was du machst und was du magst. Twitter und Facebook nutze ich nicht wirklich. Manchmal ist es schwierig nicht die Grenzen zu deinem Privatleben zu überschreiten, vor allem dann, wenn ich mal betrunken bin und bei Instragram Bilder poste. Danach denke ich, OMG. Das ist schon passiert. Allerdings habe ich sowieso nicht besonders viele Follower.

Was macht dich glücklich?
Ramen-Nudeln. Ich bin süchtig nach Ramen-Nudeln. Ich liebe jegliche Art von Suppen und Nudeln. Ich bin verrückt danach.

Gibt es einen Gegenstand, der dich immer begleitet?
Meinst du einen Glücksbringer? Nein, denn ich weiß, dass ich diesen eher verlieren würde. Aber ich habe eine Decke, eine sehr billige und hässliche Decke, die ich mal im Flugzeug bekommen habe. Wenn ich sie in den Bus lege und ich sehe, dass sie jemand anders benutzt, denke ich schon: „Leute, das ist meine Decke“. (Lacht) Und ich habe ein kleines Kissen mit Drachen drauf von Nici. Das Kissen habe ich an einer Tankstelle gekauft. Es ist unglaublich hässlich, aber es bleibt in meinem Bett. Ich liebe das Teil.

Was ist mit Büchern? Kommst du dazu ein Buch zu lesen oder bist du auch dem Serien-Hype verfallen?
Ich habe kein Buch mehr gelesen seitdem es Netflix gibt. Wahrscheinlich habe ich so ziemlich alles auf Netflix gesehen. Auf der Tour hat man Zeit, also schaue ich den ganzen Tag Serien. Fargo finde ich persönlich ziemlich gut.

Was vermisst du am meisten während der Tour?
Das Essen ist nicht immer sonderlich gut. Aber das ist das Abenteuerliche am Tourleben. Man entdeckt und versucht sich an neuen Sachen. In Deutschland werden wir am meisten verwöhnt. Wir würden ein solches Angebot niemals in England bekommen. Dort würden wir drei Bier und ein trockenes Stück Pizzabrot bekommen. Insofern ist es wirklich toll hier zu sein. Und dafür sind wir sehr dankbar.

Von Alina Amato
Openerbild via Universal Music
Bild 2: Jan Lessner

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