Interiors, Zeichnungen, Fotografien, ihr Instagramfeed – Ana Kraš’ intuitive Ästhetik durchdringt alles, was sie kreiert. Stilsicherheit beherrscht sie wie keine Andere. Es folgen: eine Fangirling-Session und eine Handvoll visuelle wie mentale #inspo.
Interdisziplinäre Inspiration: Künstlerin Ana Kraš
Einer meiner jahrelangen Kniffe gegen kreative Flauten und uninspirierten Stillstand ist, Interviews mit Ana Kraš zu lesen. Meine Womancrushes sind unzählbar; doch wenn eine Frau als mein universellster Womancrush, mein Womancrush in diversen Kunstformen und Lebensarten, ernannt werden sollte, dann ist es Ana Kraš. Die in Belgrad geborene und in New York lebende Künstlerin designt Möbel, zeichnet und fotografiert – vorwiegend. Zu ihren zusätzlichen Referenzen zählt sie ein Meer an Kollaborationen mit Modelabeln (wie Maryam Nassir Zadeh, MM6, Ganni) und Möbelherstellern (wie Matter, bald auch HAY), wobei sie unter anderem für die Ganni SS18-Show nicht etwa Kleider, sondern das ätherische Setdesign entworfen hat.
Keine Grenzen sind ihr und ihrem Tätigkeitsbereich gesetzt. In egal welcher Disziplin sie Hand anlegt – die internationale Designszene könnte darauf wetten, dass Ana Kraš nicht nur anmutiges Eyecandy abliefert, sondern ihre Arbeit auch explizit als ihre Arbeit zu identifizieren ist. Ihr Stilgespür ist einzigartig, aktuell, weit gefächert, breit inspiriert und bewahrt sich trotz seiner faszinierenden Konsequenz immer einen Funken Unberechenbarkeit. Da wären etwa ihre berühmten „Bonbon“-Lampen, ihre vielfältigen Zeichnungen für eine Solo-Ausstellung, ihre helle Wohnung in Chinatown, ihr elegantes Studio in Manhattan.
Ferner, ihr – am liebsten von asiatischen Nachbarsdamen inspirierter – Kleidungsstil, ihre Antworten auf umfängliche Interviewfragen wie „Worin bist du gut?“ oder ihr stimmungsreiches Fotobuch „Ikebana Albums“:
„Minimalistisch“, „intuitiv“, „leicht verträumt“, „detailverliebt“. Alles Andere an Ana Kraš’ Ästhetik ist nur mit Umsicht in Worte zu fassen, da sie sonst mühelos zwischen verschiedensten Facetten oszilliert: zwischen bunt und dezent, modern und traditionell, meditativ und doodle-y. Sie selbst erkennt auch etwas „kommunistisches“ in ihrer Arbeit, was sie auf ihre Kindheit und Jugend in Belgrad zu Kriegszeiten zurückführt. Vieles informiert ihren Stil, aber immer – so sagt sie – auf sehr indirekte und unterschwellige Weise.
Der Mechanismus der eigenen Stilformung und -findung beschäftigt mich ständig. Abgesehen davon, dass er immer auch von unkontrollierbaren Instanzen beeinflusst sind, frage ich mich quasi jeden Tag, wie ich am besten mit meinem Stil in Kontakt komme, ihn erkennen und festhalten kann; wie er nicht nur innerhalb einer Disziplin bleibt, sondern in alle kreativen Prozesse übergreift; wie ich seine Entwicklung dauerhaft anfeuern kann.
Ohne, dass Ana Kraš jemals so direkt danach gefragt wurde, habe ich mir eine ihrer Eigenschaften für immer als Antwort auf all diese Anliegen verinnerlicht: ihren intuitiven Arbeitsethos. Alles, was sie macht, führt zu einem größeren Bild und greift wie in einem perfekten Moodboard ineinander über – indem sie sich immer mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigt und keins ihrer Medien favorisiert. Alle ihre Ideen sind miteinander verbunden. Was daraus resultiert, ist Intuition, Spontanität und Aufmerksamkeit. Es sind ihre Beobachtungsgabe und ihre stete Sensibilität gegenüber jeglichen Formen von Schönheit, und daher nicht nur ihr Stil, sondern mehr noch ihre natürliche, grandiose Stilsicherheit, die sie zu einer so beeindruckenden Frau machen.
Text: Dieu Linh Nguyen Xuan
Bild: Randomhouse Verlag