Der Star-Kolorist spricht über die Zusammenarbeit mit Marc Jacobs, seine Karriere und seine neue Produktlinie.
Im Interview: Josh Wood
Es gibt kaum einen Haarkoloristen, der auf eine so ereignisreiche Karriere zurückblicken kann wie Josh Wood. Nachdem er seine Karriere bei Vidal Sassoon in Leeds und London startete, zog er nach New York um mit Sassoon selbst zu arbeiten. Dort kreierte er mit David Bowie den Haarlook für sein Album „Earthling“. Danach arbeitete er mit Stars wie Kylie Minogue oder Elle MacPherson. Auch für viele Designer ist Wood der erste Ansprechpartner,wenn es um die Haarlooks der Runwayshows geht. Neben Prada, Miu Miu oder Alexander McQueen kreierte Wood die Haarfarben aller 37 Models der Marc Jacobs Spring/Summer 2019 Show, sein bisher größtes Projekt. Mit Fräulein sprach er über die Herausforderungen seines Berufs und seine neue Produktlinie Josh Wood Colour.
Fräulein: Wie wurdest du zum Kolorist?
Josh Wood: Das war ein lustiger Zufall. Ich war früher auf einer Kunsthochschule im Norden Englands auf der ich nur Basiskurse besuchte. Ich wusste immer, dass da etwas Kreativität in mir schlummert,aber konnte diese nie richtig einsetzen. Durch einen Nebenjob im örtlichen Friseursalon habe ich schnell gemerkt, dass das eine Umgebung ist, in der ich mich entfalten kann. Meine wundervolle Karriere ist durch einen Zufall gestartet.
Du bist darin spezialisiert personalisierte Haarfarben für deine Kunden zu kreieren. Wieso ist dir das wichtig?
Ich betrachte Haarfarbe wie jede andere Kunstform auch. Und als Friseur finde ich es ziemlich faul, einen Mann oder eine Frau nicht als Individuum zu betrachten. Damals, als ich angefangen habe, war es etwas schwieriger, da die Produkte sehr standardisiert waren, es gab weniger Anwendungen und weniger Techniken. Aber mit der Technologie, die wir heute haben, sollte standardisierte Haarfarbe der Vergangenheit angehören. Jeder sollte seine Haarfarbe betrachten, wie seinen Fingerabdruck.
Was macht dir am meisten Spaß bei deinem Job?
Ich habe die Möglichkeit, in dieser Nische der Beauty-Industrie wirklich modern und relevant zu bleiben. Um die Frage zu beantworten: Da fließt vieles mit ein. Expertise und Wissen, welches ich mir angeeignet habe und die Beziehungen, die ich über die Jahre aufgebaut habe, geben mir die Möglichkeit weiterhin ganz vorne mit dabei zu sein. Ich arbeite viel in den Bereichen Film, Mode und Musik, diese Freiheit und Vielfältigkeit ist nicht selbstverständlich.
Passieren dir nach so vielen Jahren Erfahrung auch noch Fehler?
Auf jeden Fall. In der modernen Welt heute, im Jahr 2018, würde ich sie aber nicht mehr Fehler nennen. Früher waren es Fehler, weil man sie schwierig bis gar nicht korrigieren konnte. Wenn jemand deine Haare Schwarzgefärbt hat, dann waren sie erstmal Schwarz.Natürlich können Haare auch mal anders reagieren als erwartet, aber das würde ich dann eher als Herausforderung ansehen, anstatt als Fehler.
Wie wirkt sich dein Blick für Farben auf den Rest deines Lebens aus (außerhalb deines Jobs)?
Ich bin sehr farbsensibel. Wenn ich Farben sehe, die mir gefallen, ziehen sie mich an. Wenn ich merke, dass eine Farbharmonie nicht stimmt, lenkt mich das ab. Ähnlich wie Geruch und Musik spricht Farbe deine Sinne an. Ich trage eher monotone Farben, wenn ich dann mal etwas grelles trage,sind die Menschen wirklich überrascht.
Gibt es bestimmt Farben, die dir besonders auffallen?
Das variiert. Wegen der Arbeit,die ich mit Marc Jacobs für die Frühjahr-/Sommerkollektion 2019 gemacht habe, mag ich vielschichtige Farben, bei denen mehrere Lagen übereinanderliegen.
Da du die Zusammenarbeit mit Marc Jacobs schon erwähnt hast: Wie kam diese zustande?
Ich habe bereits seit vielen Jahren mit Marc zusammengearbeitet, besonders eng bei den letzten zwei Kollektionen. Die Idee war, junge Models in erwachsene Frauen zu verwandeln. Das sollte über die Haarfarbe transportiert werden. Es kamen viele junge Mädchen, 17 oder 18 Jahre alt, deren Aussehen wir komplett veränderten. Insgesamt waren es 37 Mädchen, das ist wirklich die größte Anzahl, die ich je für ein Projekt gefärbt habe. Harte Arbeit, aber auch ein tolles Ergebnis.
Wie habt ihr euch für die jeweilige Haarfarbe entschieden?
Jede Farbe wurde von Marc ausgewählt. Die Haarfarbe wurde angelehnt an das jeweilige Outfit, aber als wir angefangen haben die Frisuren zu bestimmen, war die Kollektion noch gar nicht fertig. Der Prozess war wirklich schwierig. Viele Tränen sind geflossen, nicht bei den Mädchen, sondern bei uns Koloristen (lacht). Wir haben am Sonntag mit der Arbeit begonnen, die Show war am Donnerstag, wir haben in Schichten gearbeitet und nie gestoppt.
Neben Marc Jacobs hast du bereits mit vielen anderen Designern aber auch Celebrities zusammengearbeitet. Welche dieser Erfahrungen hat dich am meisten geprägt?
Wenn ich zurückblicke auf die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte, wie Elle McPherson, David Bowie, Marc Jacobs, Prada oder Miu Miu, ist das etwas ganz Besonderes. Ich habe vor kurzem mit Florence Welch gearbeitet und sie für ihre UK-Tour gestylt. Ihr Style ist sehr boho und hippiesque, das war sehr aufregend. Von den Projekten an denen ich momentan arbeite bin ich ganz eingenommen. Ich arbeite mit Dido, sie startet ein Comeback mit Welttournee nach 15 Jahren. Ich musste mich dafür viel mit ihrer vergangenen Arbeit befassen, mit ihrem Look und diesen modern reininterpretieren.
Nachdem du mit so vielen Menschen zusammengearbeitet hast – gibt es jemanden mit dem du dir zukünftig noch eine Zusammenarbeit wünscht?
Ich habe so ein Glück, dass ich in meiner Karriere mit so vielen tollen Menschen zusammen zu arbeiten. Die meisten Kollaborationen hätte ich mir nie erträumt. Ich arbeite viel mit Musikern und Filmemachern. Es gibt aber nicht diese eine Person von der ich mir noch eine Zusammenarbeit erträume.
Du hast nun auch deine eigene Färbelinie gelauncht, die das Färben Zuhause ermöglicht. Kannst du einmal durch die Produkte führen?
Ich bin der Überzeugung, dass jede Frau eine tolle Haarfarbe verdient. In meiner Industrie gibt es einen großen Unterschied zwischen professioneller Haarfarbe und Produkten für Zuhause. Wenn Frauen sich die Haare selbst färben, haben sie oft den Eindruck, dass die Produkte zweitklassig sind im Vergleich zu einem Salonbesuch. Es gibt jedoch einige Dinge, die man zuhause einfach nicht machen kann. Man kann selbst kein Balayage machen, sich die Haare bleichen oder Strähnchen setzen. Aber dafür gibt es auch Dinge, die man zuhause gut hinbekommt, wie graue Haare zu überdecken oder einen Ansatz zu tönen. Mit meiner Linie habe ich ein Farbsystem entwickelt, mit dem man graue Haare abdecken kann. Um das richtige Ergebnid zu erzielen, muss man regelmäßige Anwendungen durchführen. Also gibt es eine permanente Haarfarbe, dann gibt es temporäre Farben wie ein Spray. Ebenso gibt es Pflege, diese ist speziell ausgerichtet auf die Bedürfnisse des jeweiligen Haartyps.
Werden diese Produkte auch in deinen Salons verwendet?
In unseren Salon benutzen wir professionelle Produkte, aber natürlich gibt es auch Kundinnen, die zu uns kommen und darum bitten die at home-Produkte zu verwenden, da sie damit besonders zufrieden sind. Was ich erreichen will, ist das Frauen, die ihre Haare zuhause färben es ganz einfach und sicher hinbekommen. Zuhause färben wir nur graue Haare, im Salon hat man dabei natürlich viel mehr Möglichkeiten.
Was hältst du von Trendfarben wie z.B. Pastelltönen?
Der Dialog mit dem Konsumenten über Haarfarbe ist wirklich wichtig und Trends sind dafür ein gutes Kommunikationstool. Die Pastelltöne die ich für Marc Jacobs kreiert habe, sehen nicht aus wie die Pastelltöne,die man sonst sieht, sie sind fragiler, mit einem grauen Unterton. Ich glaube,dass Pastelltöne als Trend keine Zukunft haben. Sollten Frauen ihre Haarfarbe saisonal ändern? Nein. Wenn Trends etwas subtiler werden, dann ändert sich die Farbe als Ganzes in eine bestimmte Richtung. Im Allgemeinen werden die Haartrends weniger punkig, es wird dafür eleganter und erwachsener.
Bilder: PR