Don’t judge a book by its cover – or age. Klassiker, die man selbst im Jahre 2019 gelesen haben muss oder unbedingt noch lesen sollte.
Fräuleins Leseempfehlungen zum Wochenende
Atticus Finch lebt als alleinerziehender Vater mit seinen beiden Kindern Scout und Jem sowie der Köchin Calpurnia in der Kleinstadt Monroeville im tiefen Süden der USA. Die kleine Familie ist im ganzen Ort beliebt, bis Atticus in seiner Position als Rechtsanwalt die Verteidigung des schwarzen Landarbeiters Tom Robinson übernehmen soll, der wegen der Vergewaltigung eines weißen Mädchens angeklagt ist. Atticus ist von der Unschuld seines Mandanten überzeugt – und das bringt ihm den Hass seiner Mitbürger ein. Zurecht ist kaum ein anderes Buch so heiß geliebt und so oft gelesen wie „Wer die Nachtigall stört“. Harper Lee nimmt den Leser zwar mit in den Süden der USA der 30er Jahre, könnte jedoch keine aktuellere Geschichte erzählen: Rassismus, gesellschaftliche Spaltung und die Frage nach Gerechtigkeit und Menschlichkeit beschäftigen uns heute wie damals. Ein Blick in die Abgründe des Menschen, der noch lange nachdenken lässt.
Die Welt hat sich gewandelt, die Mächte haben sich verändert und die Ländergrenzen sich verschoben. Der Planet wurde in drei Supermächte aufgeteilt: Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Winston Smith lebt in einer dieser drei Staaten, in Ozeanien, das von der Partei kontrolliert wird. Neben ununterbrochener Kriegsführung mit den anderen Übermächten, hat hier vor allem die eigene Machtsicherung und die unbedingte Gefolgschaft des Volkes oberste Priorität. Dazu kontrolliert Die Partei unter anderem die Vergangenheit, in dem sie alle erschienenen Texte – egal ob Bücher oder Zeitungen – ihrer Version der Geschichte anpasst und überwacht die Bürger mit Teleschirmen. Sie schreibt den Menschen daneben die Abendaktivitäten vor und reglementiert, wie viel Geld für Kleidung und Essen ausgegeben werden kann die; die Gedankenpolizei verhaftet jeden, der in seinen Gedanken auch nur ein klein wenig von der Parteilinie abweicht. Smith zweifelte schon immer an Der Partei, konnte jedoch bisher unter dem Radar entfliehen – bis er die schöne, aufregende Julia trifft und sich zum Feind des Regimes macht. 1984 – eine Zukunftsversion, die schon lange hinter uns liegt? Die Geschichte von Verschwörungen, Verrat, Liebe, der Zukunft und der Vergangenheit und der Revolution, die von der Wirklichkeit vielleicht nicht mehr weit entfernt ist.
Die kurze Geschichte über den alten kubanischen Fischer Santiago, der nach einer langen Pechsträhne sich vor den anderen Bewohnern und Fischern im Dorf noch einmal beweisen will. Weit draußen im Golfstrom fängt er tatsächlich mit Geduld, List und einer Willensstärke, die seine komplette physische Erschöpfung überwindet, einen gigantischen Marlin – und kommt letztendlich doch mit leeren Händen nach Hause, weil Haie ihm seinen wunderschönen Fisch bis aufs Skelett abfressen. Der alte Mann und das Meer ist die Geschichte über den finalen Kampf eines alten Mannes mit seinem Körper und Gewissen, den Gezeiten, dem Wetter und nicht zuletzt auch dem Schicksal. Bis zum Ende verliert sie keine Sekunde an Atmosphäre, Emotionalität und gedanklicher Tiefe – der Leser sitzt mit dem alten Mann gemeinsam im (selben) Boot.
Kafkas „Der Prozess“ erzählt die Geschichte von Josef K., der am Morgen seines 30. Geburtstags unversehens verhaftet wird. K. erfährt weder jemals den Grund für seine Verhaftung, noch tritt er je vor seine Ankläger. Trotzdem versucht er der Frage nach seiner Schuld und dem Gericht auf den Grund zu gehen. Obwohl sich der Roman, oder besser, gerade weil sich der Roman auf so vielen Ebenen im Kreis bewegt und die Fragen, die sowohl K. als auch der Leser hat, bis zum tragischen Ende nicht beantwortet werden, ist „der Prozess“ ein äußerst wertvolles Werk mit breiten Auslegungsmöglichkeiten. Wie versteht ihr das Geschehen? Der große Gatsby Spätestens seit der Verfilmung mit Leonardo DiCaprio im Jahre 2010 kommt niemand mehr um den großen Gatsby herum. In den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts steht Long Island vor allem für eines: Menschen mit enorm viel Geld, die sich die elend langen Tage mit Cocktails vertreiben und niemals endende Partys feiern. Der zugezogene Nick Carraway findet sich in der Nachbarschaft einer dieser Menschen wieder, dem sagenumwobenen Mr. Gatsby. Wer ist dieser Mann und was ist dran an den Gerüchten? Bald kommt es zur Begegnung und ihm wird klar, dass nichts ist wie es scheint: Er wird das Geheimnis eingeweiht, dass Gatsby und Daisy, die Frau von Nicks altem Bekannten, dem arroganten Tom Buchanan, eine alte, komplizierte Liebe verbindet. Er soll zwischen den beiden ohne Wissen von Daisys Ehemann ein Treffen organisieren. Daraufhin kommen sich die beiden näher, es kommt zu einer Reihe von Verstrickungen und bei einer Einladung Gatsby‘s zu den Buchanans schließlich zum Showdown. F. Scott Fitzgerald gibt uns einen Einblick in den Glamour der zwanziger Jahre. In eine Welt der Etikette, des Smalltalks und der Unbeschwertheit, aber auch der Arroganz und des gelangweilten Desinteresses der High Society. Wie weit geht der Mensch, um das zu bewahren, was ihm wichtig ist?
Nicht zu verwechseln mit 1984 von George Orwell, beschäftigt sich auch 1Q84 von Haruki Murakami mit einer alternativen Welt. Tokio, 1984. Tengo und Aomame haben sich nach ihrem 10. Lebensjahr aus den Augen verloren – und sind davon überzeugt, die Liebe ihres Lebens zu sein. Tengo ist Hobbyschriftsteller und soll den Roman der exzentrischen 17-jährigen Fukaeri überarbeiten und ihr damit den Literaturpreis sichern. Äußerst originell, aber schlecht geschrieben, handelt es sich um einen riskanten Auftrag. Aomame zückt beim Rendezvous mit einem reichen Ölhändler eine Nadel und ersticht ihn – sie ist Auftragskillerin. Warum melden die Nachrichten ihren Mord nicht? Ist sie in einer Parallelwelt? Um die Sphäre von ihrem gewöhnlichen Leben im Jahr 1984 zu unterscheiden, tauft Aomame die neue Welt ‚1Q84‘. Über tausend Seiten lang und dennoch kein Wort überflüssig. Murakami zeigt uns eine unheimliche, unübersichtliche Welt in deren Zentrum zwei Charaktere stehen, die in einem Vakuum leben, dass sie nicht zueinanderfinden lässt. Einsamkeit, die so rührend ist, dass sie den Leser den beiden Protagonisten mit fast schon mütterlicher Liebe begegnen lässt.