Fotografin Agatha Powa und die Magie des Blickes

vor 6 years

Ihre Portraits sind pur und authentisch. Auf besondere Art fragil und stark zugleich. In Zeiten wachsender Ressentiments in Europa ist gegenseitiges Vertrauen das Wichtigste. Sich mit verschiedensten Menschen zu verbinden ist auch das Credo der Berliner Fotografin Agatha Powa.

Am 3. Juli findet ihre erste Soloausstellung presented by Fräulein und Shutdown Fashion Week in Berlin statt. Fräulein sprach mit Fotografin Agatha Powa über das Bedürfnis nach Verbundenheit, Identität und ihre Leidenschaft für Musik.

Wann hattest du das erste Mal eine Kamera in der Hand?

Ich kann mich um ehrlich zu sein, an keinen spezifischen Moment erinnern, aber ich habe als Kind zum Beispiel gerne die Kamera von meinem Opa genommen und Bilder gemacht. Vor ein paar Jahren habe ich seine Polaroid geerbt.

Wie würdest du deine Bildsprache bezeichnen?

Authentisch, rücksichtsvoll, mit einem möglichst neutralen Blick. Der Mensch ist kein Objekt, sondern ein Individuum mit ihrer beziehungsweise seiner eigenen Geschichte. Ich glaube, dass wir alle vom gleichen Kern kommen. Die Erkenntnis unserer Gleichheit und Verbundenheit ist für mich persönlich ein wichtiger Teil eines glücklichen und friedvollen Lebens. Ich glaube, dass die Fotografie ein tolles Medium ist um dies auszudrücken.

Ich habe das starke Bedürfnis Menschen zu verbinden.

Was fasziniert dich am Fotografieren von Menschen?

Ich liebe das Gefühl von dem Moment in dem ich weiß, dass ich jetzt intuitiv die wahre Persönlichkeit des Menschen vor der Kamera erfasse. Besonders, wenn die Person eher von Grund auf verschlossen ist. Ich glaube daran, dass jeder Mensch faszinierend ist und von Natur aus Weisheiten besitzt, welche geteilt werden sollten, selbst wenn es durch eine Kleinigkeit, wie ein Blick in die Kamera passiert. Augenkontakt ist etwas sehr magisches und potentes.

Die Personen auf deinen Bildern wirken sehr natürlich. Wie schaffst du es, dass sich jemand vor deiner Kamera entspannt?

Ich habe das starke Bedürfnis Menschen zu verbinden. Ich denke, dass liegt daran, dass ich mich seit meiner Kindheit viel mit dem Thema Identität auseinandersetze, aufgrund meiner eigenen Immigration und vieler Wohnortswechsel. Diese Lebenserfahrung hat mich zu einer Frau gemacht, die versucht immer offen und nicht verurteilend zu sein.

Mir ist Authentizität viel wichtiger als ein „schönes“ Bild. Wenn ich jemanden fotografiere, verbringe ich erst mal Zeit mit der Person und möchte herausfinden, wer dieser Mensch ist, um genau das dann zu porträtieren. Mir ist es wichtig, dass jedes Porträt einen wahrhaftigen Moment festhält. Wenn man der Welt gegenüber offen ist und gute Absichten hat, realisiert man, dass wir uns alle mit denselben Grundthematiken des Lebens beschäftigen, egal welcher Herkunft wir sind.

In dem Moment, in dem der Betrachter oder der Mensch vor der Kamera sich der Welt ein wenig mehr öffnet als gewohnt, habe ich mein Ziel erreicht.

Du fotografierst sehr häufig Musiker*innen. Auf deiner Ausstellung wird es ebenfalls viele musikalische Acts geben. Wie ist deine Beziehung zur Musik?

Von klein auf habe ich getanzt oder auf meine Lieblingslieder im Radio gewartet um eigene Mixtapes aufzunehmen. Später habe ich auch Instrumente gespielt und professionell getanzt. In London ging ich dann ans Theater. Musikalische Einflüsse fließen immer wieder in verschiedenen Formen in meine Arbeit. Musik ist eine sehr starke Ausdrucksform und wird immer ein wichtiger Teil meines Lebens sein.

Was möchtest du mit dem Medium Fotografie mitteilen?

In dem Moment, in dem der Betrachter oder der Mensch vor der Kamera sich der Welt ein wenig mehr öffnet als gewohnt, habe ich mein Ziel erreicht.

Hast du andere Fotografen, die dich inspirieren?

Mich inspirieren viele verschiedene Fotografen, sowie Kameramänner und -frauen: Bruce Davidson, Araki, Kristin Lee Moolman, Tyrone Lebon, Ashani, Bafic, Yassine Alaoui Ismaili, Ivar Wigan, Nan Goldin, Vivian Maier, Terrible Trio, Annie Leibovitz, Jamel Shabazz, Joseph Rodriguez, Nico Biermann, David Lachapelle und viele andere.

Du hast bereits in Kiev, Köln, London, Prag und New York gelebt. Was gefällt dir an Berlin? Zieht es dich bald wieder woanders hin?

Ich bin bekannt dafür etwas wurzellos zu sein in der Hinsicht. Ich plane sehr selten irgendwo hinzuziehen. Normalerweise passiert es einfach irgendwie und fühlt sich dann richtig an. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung meiner Familie, Freunde und kreativen Community, der ich momentan Teil bin. Ich weiß das zu schätzen. Wie lange ich bleibe, kann ich deshalb nicht beantworten. Mal schauen was die Zukunft noch bereithält.

Thema deiner Ausstellung ist der Brexit, weshalb du 28 -1 Bilder zeigst. Schauplatz deiner Bilder ist der Notting Hill Carnival – einen Gegenstatement zum Ausgang des Votums?

Das soll frei interpretiert werden. Komm zur Ausstellung, schau dir die Fotos an und lies die Gedichte welche der Soundtrack der Bilder sind. Daraus kannst du hoffentlich deine eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Kunst ist nur Kunst wenn es Freiraum für Interpretation lässt.

Wie ergänzen sich deine Fotografien mit den Gedichten von Abondance Matanda?

Es war eine relativ schwere Geburt jemanden zu finden, der in meinen Bildern die selben Themen sieht wie ich. Außerdem war mir gegenseitiges Vertrauen und ein gemeinsamer Vibe sehr wichtig. Abondance kam auf magische Art und Weise wie gerufen. Sie ist eine unglaublich talentierte Künstlerin und schafft es, in ihren eigenen Worten zu beschreiben, was vielen ihrer Generation durch den Kopf geht. Sie benutzt viele relevante Metaphern, welche man manchmal erst auf den zweiten Blick erkennt. Es ist wirklich besonders, wie gut sich ihre Worte und meine Bilder in dieser Kollaboration ergänzen.

Mehr zu Agatha Powa findest du auf ihrer Homepage.

 

Interview: Miriam Galler

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