Europawahl 2019 – eine Phantasie soll Wirklichkeit werden.
Ein offenes Europa ohne Einschränkung?
Zum neunten Mal in der Geschichte der Europäischen Union findet im Mai diesen Jahres die Europawahl statt. Für die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands werden die Wahllokale am Sonntag den 26. geöffnet sein. Im Jahr 1973 wurde das Vereinigte Königreich Mitglied der heutigen EU. Nach mehr als 45 Jahren werden unter den 705 zu wählenden Abgeordneten dieses Jahr aller Voraussicht nach keine Briten mehr vertreten sein.
Die Ratifizierung des Maastrichter Vertrags 1992, durch damals zwölf Mitgliedstaaten, setzte den Beginn einer Erfolgsgeschichte. Ein gemeinsamer europäischer Binnenmarkt wurde geschaffen. Heute gilt dieser als der größte Wirtschaftsraum der Welt.
Die Anfänge der EU reichen bis in die 1950er Jahre zurück. Sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) schufen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Ein Projekt, das so zukunftsweisend erschien, dass sich die Anzahl der Mitgliedstaaten heute auf mehr als das vierfache verdoppelt hat. Seither vereint die EU eine Vergangenheit von Rückschlägen, Erfolgen und gemeinsam bewältigten Hindernissen. Eine Einheit, die heute so stark wie nie zuvor zu zerbrechen droht.
Die EU, ein Friedensprojekt, das verschiedene Kulturen, Sprachen und Religionen miteinander verbindet, scheint zu scheitern. Überall spürbar ist Uneinigkeit. Das betrifft sowohl den Staatenverbund, als auch die Innenpolitik der Länder. Die Flüchtlingskrise riss ein großes Loch in die Einheit der Mitgliedsstaaten, Griechenland, Problemkind Nummer eins, sorgte für ständige Belastungen und in alldem Durcheinander verkündete UK ihren Austritt aus der EU. Wohin man nur schaut, zeigen sich Konflikte; die Liste ellenlang.
Es fehlt an einer gemeinsamen Verteidigungs- und Außenpolitik. Ohne das Mitwirken Großbritanniens mangelt es der deutsch-französischen Achse an Macht in Verhandlungen mit Donald Trump und Wladimir Wladimirowitsch Putin. Die Disparitäten innerhalb der Politik der jeweiligen Länder zeigen sich ebenso deutlich. Dies bewies zuletzt die Reaktion auf den proeuropäischen Reformaufruf von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Überwiegend positive Resonanz von deutscher Seite – nicht inbegriffen selbstverständlich die FDP – sowie Unterstützung aus Belgien und Finnland traf auf Skeptiker aus Frankreichs eigenen Reihen. Die republikanische Oppositionspolitikerin Nadine Morano kritisierte, Macron würde mit seinem europäischen Föderalismus das eigene Land untergraben. Auch die AfD befürchtet die Verletzung der Souveränität der einzelnen Staaten.
Die EU hat ihren visionären Charakter längst verloren, so die Meinung vieler europäischer Bürgerinnen und Bürger. Die EU erscheint nur noch als ein übermächtiges bürokratisches Monster und ihre Zukunft bleibt weiterhin ungewiss. Wird Brexit Realität? Gibt es doch noch einen Ausweg? Erst am Freitag wurde verkündet eine Verschiebung des Austritts von dem Vereinigten Königreich sei wieder in die Nähe des möglichen gerückt, sogar sehr wahrscheinlich. Was wird eine Verlängerung bedeuten? Müssen wir mit einem No-Deal rechnen? Was wird der Austritt Großbritanniens für die EU und für Deutschland bedeuten?
Nach dem Referendum im Juni 2016 unterrichtete das Vereinigte Königreich im März des darauffolgenden Jahres den Europäischen Rat von iher Absicht die EU zu verlassen. Verfahren wurden eingeleitet und ausgiebige Verhandlungen geführt. Seither kursieren verschiedenste Szenerien über die Zukunft Großbritanniens und über die Folgen für die Mitgliedstaaten der EU in den öffentlichen Medien. Selbst über eine, die Briten betreffende, drohende Klopapier-Krise wird mittlerweile diskutiert.
In all der Aufruhr und Panik sorgte die österreichische Band „Bilderbuch“ für Aufmerksamkeit. Mit einer Imagekampagne für ihr neues Album punkteten sie nicht nur bei Fans, auch Politikerinnen und Politiker und Prominente ließen sich von ihren visionären Gedanken mitreißen. Bilderbuch wirbt mit einem „EU-Passport“ für ein offenes Europa ohne Ländergrenzen. Binnen weniger Tage schaffte es ein Stück Papier zum Hoffnungsträger eines neuen Lebensgefühls zu werden; zu einer Vision von einer in sich geschlossenen EU.
„Be part of the Europen family“ heißt der Slogan, mit dem die Band wirbt. Auf einer dafür eigens eingerichteten Website können Userinnen und User ihren eigenen Europapass ausstellen. Bild hochladen, Geburtsjahr und Geschlecht bestimmen – auch die Kategorie Unisex ist wählbar – und schon ist der neue Pass erstellt. Die Nationalität der Besitzerin oder des Besitzers wird als europäisch ausgewiesen. Der Pass ist unbegrenzt gültig. Über 20.000 Personen haben bereits an der Aktion teilgenommen. Unter dem Hashtag #europa22 werden die Ausweise auf Instagram geteilt. Der Rapper Dendemann, Moderator Jan Böhnermann, Rapperin Nura, Moderator und Schauspieler Joko Winderscheidt, Musikerin Mavi Phoenix, die Band AnnenMayKantereit und Autorin Sophie Passmann sind bereits im Besitzt eines solchen Dokuments.
https://www.instagram.com/p/Bt_U02RnVg7/?utm_source=ig_embed
Bundesjustizministerin Katharina Barley, die von ihrer Partei als SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl erklärt wurde, sowie Parteikollegen Martin Schluz und Heiko Maas folgten ebenfalls der Aktion. Schulz twitterte dazu „Dafür, dass es diesen schönen Pass eines Tages wirklich geben wird, kämpf die SPD seit 1925.“
Ein Phantasiegedanke, der (aktuell) unendlich weit entfernt von der Realität ist. Sollte der Europapass Wirklichkeit werden, wäre das der ultimative Einheitsbeweis. Bisher werden wir uns wohl damit vergnügen müssen, dass dieser bloß “Realität” im Internet bleibt.
Frontsänger, Maurice Ernst, erklärte in einem Gespräch gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Ich bin schon ein verdammt stolzer Europäer. Es nervt mich, dass viele Europa nicht genügend wertschätzen.“ Mit ihrem Song „Europa 22“, der Teil des veröffentlichten Albums “Vernissage My Heart” und seit dem 22. Februar erhältlich ist, erinnert uns Bilderbuch an all die Hoffnungen, die wir mit Europa verbinden (sollten): An ein Europa der Freiheit und Offenheit.
Zumindest diese Vorstellungen sollten wir uns alle vor der Wahl noch einmal ins Gedächtnis rufen. Vielleicht schaffen wir gemeinsam, mit unseren Stimmen, diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Text: Teresa Löckmann
Video: Youtube
Bild: Unsplash & Instagram