Dass Maryam Zaree nicht mehr unerkannt durch Kreuzberg oder Neukölln laufen kann, liegt an ihrer Rolle der Kalila Hamady in der gefeierten Kiez-Serie 4 Blocks. Bedeutsamer noch ist ihre langjährige Arbeit an einem Dokumentarfilm über die Überlebenden der politischen Säuberungen im Iran der 80er-Jahre. Für die Recherche musste Zaree sich auch den eigenen Traumata stellen. Als Baby war sie zusammen mit ihrer Mutter in Teheran interniert.
Das Leben ist fucking insane!
Fräulein: In 4 Blocks spielst du die Frau von Toni Hamady, dem Oberhaupt eines kriminellen, libanesischen Clans in Berlin-Neukölln. Die Serie wurde als sehr authentisch gelobt und hat einen regelrechten Hype ausgelöst. Wie bist du an diese Rolle gekommen?
Maryam Zaree: Die Idee war, ein gemischtes Casting mit klassischen Schauspielern und Laien, die aber das Straßen Ding leben und in sich tragen. Ich wusste erst nicht, ob ich die Serie wirklich machen wollte, bin aber ein Riesenfan von Genre Filmen wie Scorseses Mean Streets, Good Fellas oder Raging Bull. 4 Blocks macht viele Anleihen daran, gleichzeitig bleibt die Serie sehr eigen, sehr Berlin-Neukölln, das macht sie so glaubwürdig und toll.
Wie war die gemeinsame Arbeit mit Laien wie dem Rapper Veysel Gelin?
Der Moment, in dem ich mich endgültig in das Projekt verliebt habe, war die erste Leseprobe mit den Jungs. Das war wirklich ein Bild für die Götter. Einige mit Zahnstocher im Mund und Gucci-Tasche auf dem Tisch (lacht). Das sind schon überwiegend Machos, aber dabei sehr lustig und charmant. Ein paar Tage später fahre ich mit meinem Schrottfahrrad die Oranienstraße in Kreuzberg entlang und höre Veysel meinen Namen rufen. Er saß da mit seinen Jungs, rauchte Shisha, und stellt mich mit den Worten vor: „Guckmal, sie ist so eine gute Schauspielerin ich schwör, sie liest wie eine Deutschlehrerin’“ (lacht). Das war ja der Clash. Ich staatliche Schauspielschule, links-intellektuelles Elternhause und dann die »toughen Jungs«.
Du beschreibst das Machismo deiner Kollegen als charmant und witzig…
… ja.
Auch deshalb wünsche ich mir mehr weibliche Filmemacherinnen, die mit diesen überholten Strukturen und Perspektiven aufräumen.
Ist das ein Form des Machismo, mit dem du als selbstbewusste Frau leben kannst?
Dieses Machismo ist natürlich auch eine Anleihe an den Rap. Ein Gestus, den wir ja auch in der Fotostrecke zu ironisieren versucht haben – oder zu überhöhen. Der AfD-Wähler sagt jetzt aber, das ist der Machismo des arabischen Mannes, der eh nur Frauen unterdrücken will. Da kriege ich die Krise. Wir beiden sprachen doch vor einigen Tagen über das Buch Rückkehr nach Reims des französischen Soziologen Didier Eribon. Darin arbeitet er wunderbar heraus, wie viel der Habitus mit der Klasse zu tun hat, in die man wohl oder übel hineingeboren wird. Es gibt keine Chancengleichheit.
Eribon beschreibt in Rückkehr nach Reims etwa die Hinwendung des französischen Proletariats zum Front National sowie die Hürden, die er zu überwinden hatte, um es als homosexueller Sohn armer Fabrikarbeiter an die Universität zu schaffen.
Ja. Dass ich auf dem Gymnasium war und später mein Diplom an der Schauspielschule machen konnte, hat natürlich auch damit zu tun, dass ich aus der intellektuellen Mittelschicht komme. Fakt war aber, dass man mich nach der vierten Klasse aufgrund meiner Herkunft und meines Aussehens auf die Realschule schicken wollte – was meine Mutter nicht akzeptiert hat. Der strukturelle und institutionelle Rassismus ist eine Realität.
Wie bist du mit solchen Ausgrenzungserfahrungen umgegangen?
Ich sah einfach, dass der Zugang zu gewissen gesellschaftlichen Räumen, in dem sich der weiße, heterosexuelle Mann ganz selbstverständlich bewegt, versperrt sein kann. Eribon beschreibt sehr präzise, wie in unserer westlichen Gesellschaft jeder nach unten tritt, anstatt sich zu solidarisieren. Darum kann ich mit dem Machismo dieser arabischen Jungs umgehen, ich sehe ihn im Kontext. Die dicken Autos und Statussymbole wie Gucci und Goldkettchen sind letztlich der Versuch, Respekt zu bekommen. Das ist eigentlich traurig. Dazu kommt: Das Frauenbild, was viele der Jungs mitbekommen haben, ist nicht per se islamisch, sondern aus Filmen wie Der Pateoder Good Fellas abgeschaut. Schau dir doch mal an, wie bei Coppola und Scorsese, die ich ja liebe, Frauen portraitiert werden. Das ist völlig archaisch. Es gibt nur die Jungfrau oder die Hure. Auch deshalb wünsche ich mir mehr weibliche Filmemacherinnen, die mit diesen überholten Strukturen und Perspektiven aufräumen.
Bist du letztlich zufrieden damit, wie 4 Blocks diese Zusammenhänge und Konflikte dargestellt hat?
Ich bin da immer hin und her gerissen. 4 Blocks ist super geworden. Ein wichtiger Beitrag zur Serienkultur in Deutschland. Die Leute lieben und feiern es. Ich habe es selbst gerne geguckt. Und trotzdem bin ich immer jemand der sagt: da soll es aber nicht stehen bleiben. Entwicklung und Transformation von Frauenrollen sind auch hier noch mangelhaft. 4 Blocks wagt ja schon einen großen Bruch mit der her- kömmlichen Erzähltradition solcher Formate in Deutschland, indem es eben nicht aus der Sicht der Polizei erzählt, sondern vom Standpunkt der Anderen, der Ausgegrenzten…
… ein wenig wie in der berühmten US- Serie The Wire.
Genau! Man lässt gewissermaßen zurückschauen auf die weiße Mehrheitskultur. Wie wäre es nun, so eine Geschichte aus der Perspektive der Frauen zu erzählen? Man muss dafür nicht die Geschichte verbiegen und eine Hard-core-Emanze aus ihnen machen, die queere Werte verteidigt, aber es wäre doch für ein vollständiges Bild wichtig zu sehen, wie die Frauen das erleben und nicht nur von der Seitenlinie aus.
Das Theater ist im Nachdenken über gesellschaftliche Zusammenhänge meist weiter als der Film…
… mittlerweile ist das wohl so, ja, vielleicht.
Auch weil dort Abend für Abend an einer Erzählung weiter gesponnen wird. Kann das Kino als Form diesen Grad der Reflexion überhaupt erreichen?
Ich denke schon, dass das Kino dieses Potenzial hat, wenn man so etwa am dramaturgischen Modell der Helden- oder Heldinnenreise erzählt. Der Held muss sich mit seinen inneren Dämonen auseinandersetzen und daran wachsen. Und dieser Prozess ist wohl viel eher noch in der Mythologie als der Theatergeschichte zu Hause. Wenn man aus dem Unterhaltungszwang herauskommt, kann das Kino etwas bewirken, was ich mal kompliziert einen emanzipatorischen Transformationsprozess des Helden nennen würde. Diesen Prozess macht das Kino besser sichtbar als jede andere Kunstform.
Du meinst letztlich die klassische Reise eines tragischen Helden wie Ödipus, der trotz innerer Überzeugung an den äußeren Umständen scheitert und für den Zuschauer oder Leser eine lehrreiche Parabel bieten kann?
Mehr noch. Die sogenannten äußeren Kräfte, die unser Held überwinden muss, sind doch eigentlich innere Widerstände. Wenn man es schafft, diese Kräfte, die sich im Bösen oder dem Antagonisten manifestieren, als Anteile des inneren Selbst des Helden zu erzählen, Widerstände die er überwinden muss … erst dann ist doch die wirkliche Heldwerdung möglich.
Was meinst du damit genau?
Unterhaltungsfilme machen den Fehler – und da wird jetzt mal weit gesponnen: Trump, Erdogan, Putin oder die AfD machen es ebenso – dass sie glauben, der Feind wäre im Außen, die bösen Moslems oder Ausländer etwa. Damit verdrängst du nur die viel entscheidendere Frage: Was ist denn mit mir selbst los? Woher kommen eigentlich meine Ängste? Was sind das für Wunden, hierzulande auch in der deutschen Mehrheitsgesellschaft, die nicht aufgearbeitet wurden, die nicht hinterfragt worden sind? Das ist eine grobe Form der Verdrängung und lässt keine Veränderung zum Besseren zu. Im schlimmsten Fall enden solche Prozesse im Völkermord. Wir haben es in diesem Land ja erlebt. Kann das Kino solche inneren Konflikte zeigen? Ich denke ja. Wir haben versucht das in der Produktion Denial am Maxim-Gorki-Theater zu zeigen. Denial, also Verdrängung, spricht beim Zuschauer Schichten seines Unterbewussten an. Und führt im besten Fall zu einer Selbstbefragung.
In Denial werden individuelle Lebensläufe und Geschichten fiktionalisiert die von Selbstverleugnung und Trauma berichten – heißt: der Schauspieler berichtet nicht immer biografisch. Man weiß es schlicht nicht, was nichts von der Wucht der Erfahrungsberichte nimmt. Erzählt wird etwa von einem liebenden Familienväter, der insgeheim für die israelische Regierung gefoltert hat. Wie seid ihr an diese Geschichten gekommen?
Lass mich noch einen Schritt weiter zurück gehen. Ich habe mich vor drei Jahren dazu entschieden, einen Dokumentarfilm über Verbrechen des iranischen Regimes in den 80er-Jahren zu machen. Meine Eltern waren damals interniert. Als Baby verbrachte ich einige Zeit mit einer Mutter im Gefängnis. Die Arbeit am Film hat bei mir eine regelrechte Selbstbefragung in Gang gesetzt. Dazu kommt mein Stiefvater ist Psychoanalytiker und beschäftigt sich mit der Weitergabe von sogenannten Transgenerationalen Traumata. Also der Weitergabe eines Traumas der Elterngeneration auf die Kinder und Kindeskinder. Auch meine Mutter ist Psychologin. Diese Themen haben bei uns zu Hause immer eine Rolle gespielt. Nur wurde paradoxerweise wenig bis gar nicht über die eigenen Erfahrungen gesprochen. Ich wollte aber wissen: Was ist denn eigentlich mit diesen Verbrechen, die in den 80er-Jahren im Gefängnis im Iran stattgefunden haben?
Das war in Teheran?
Ja, genau. In diesen Gefängnissen wurden systematisch und im großen Stil politische Gefangene ermordet. Die Täter von damals sind heute noch an der Macht. Sie haben völlige Immunität erfahren, es gab bis heute keine Form der Aufarbeitung. Auch im Exil ist eine regelrechte Verinnerlichung des Schweigens entstanden. Die Frage, die ich mir stellte, war: müssen wir diese Sprachlosigkeit nicht überwinden? Also entschied ich mich dazu, einen Film darüber zu machen, die Überlebenden zu besuchen und sie zu interviewen. Was mich überrascht hat, war das Ausmaß, dass diese Geschichte angenommen hat, der Preis, den man dafür zahlen muss, in diese dunklen Kammern hineinzugehen, die wir alle haben in unseren Familien, in uns selbst. Den Mut zu finden, die Verdrängung zu überwinden und sich dieser Dunkelheit zu stellen, sie auszuhalten.
Wo findest du deine Protagonisten?
Ich drehe in England, den USA, Frankreich und Deutschland. Die ursprüngliche Idee war, die Kinder zu suchen, die mit mir auf die Welt gekommen sind, die zweite Generation, und zu erzählen, was aus ihnen geworden ist. Du musst eines verstehen: das Massaker, welches in diesen Gefängnissen stattfand, hatte die Ausmaße von Srebrenica (1995 wurden in der Region um Srebrenica im Osten Bosnien und Herzegowinas 8000 Bosniaken von einer pro-serbischen Miliz unter Führung von Ratko Mladi ermordet – Anm. d. Red.). Im Laufe der Recherche wurde aber klar, dass ich die Geschichte nicht erzählen kann, wenn ich mich selbst und meine Familie außen vor lasse. Das war ein schwieriger Prozess. Ich musste mich fragen, was mir eigentlich so viel Angst macht. Warum konnte ich darüber selbst so lange nicht reden, keine Fragen stellen? Ich reise nun schon seit drei Jahren um die Welt und versuche, diese Puzzlestücke zusammen zu setzen.
Wann soll der Film fertig sein?
Spätestens 2019.
Sehnt man sich nicht irgendwann, mit so einem Thema zum Abschluss zu kommen?
Schon. Aber bei diesem Prozess ist das Ergebnis nicht vorrangig. Es ist ein krasser Wachstumsprozess. Ich kann es jedem nur empfehlen, dahin zu gehen, wo die Angst ist. Jemand hat mal gesagt: you want security or safety? Then change.
Du hast in dem Theaterstück Denial unter der Regie von Yael Ronen einen unglaublich bewegenden Moment. Deine Figur steht mit dem Rücken zum Publikum und liest einen Brief an ihre Mutter vor und stellt Fragen wie: Wie war es im Gefängnis? Gab es Vergewaltigungen? Wie empfand sie die zeitweise Trennung von ihrem Baby? Ich frage mich: Warum brauchtest du die Bühne, die Öffentlichkeit, um den nötigen Mut zu finden, diese Fragen zu stellen?
Ich habe mir für Denial Gedanken darüber gemacht, wie Kunst oder auch das Theater einen Rahmen schaffen kann, in dem diese Fragen überhaupt erst formuliert werden können. Manche Erfahrungen brauchen die Überhöhung, eine Form der Abstraktion, um sie aushalten zu können. Sonst laufen sie Gefahr, zur reinen, privaten psychologischen Nabelschau zu werden. Dazu hat Denial über rein persönliche Erfahrungen hinaus Bedeutung. Warum ist es denn so, dass man seine Großeltern in Deutschland noch immer nicht wirklich nach ihrer Nazivergangenheit befragen will? Weil man sich lieber vor Angst in die Hose macht, als sich ihr zu stellen. Aber diese Geschichten müssen raus. In der künstlerischen Umsetzung, zu der es viel Mut braucht, entsteht womöglich ein Moment von Wahrhaftigkeit, mit dem sich Menschen identifizieren können, der zum Nachdenken anregt. Das ist auch bedeutsam, weil wir im Westen meiner Meinung nach keinen Rahmen für Trauerarbeit haben. Es gibt so viele ungeweinte Tränen, die sich in Krankheit, schlechten Beziehungen, Verzweiflung und Depression ausdrücken. Einfach, weil wir uns nicht trauen, zu heulen. Eine Schamane aus Guatemala hat mal gesagt: If we don’t grief, we will never praise life. Stattdessen heißt es bei uns immer: mir gehts gut, und dir?
Dein Durchbruch als Schauspielerin hattest du mit dem Film Shahada von Burhan Qurbani, der 2010 im Wettbewerb der Berlinale gelaufen ist. Im Film werden zwei wichtige Fragen gestellt: Was ist der Islam? Was ist ein guter Muslim? Hatten diese Fragen für dich davor irgendeine Relevanz?
Nein. Ich bin mit „Gott ist tot“ aufgewachsen, mit marxistischen Eltern, Verfolgten eines islamo-faschistischen Regimes. In dessen Folterkammern sollte ein neuer Mensch geschaffen werden. Die Religion wurde dafür instrumentalisiert, die Menschen zu brechen. Du kannst dir vorstellen, was das Verhältnis meiner Eltern zur Religion und damit lange Zeit auch meines war.
In der Serie 4 Blocks nähert sich deine Protagonistin Allah an.
Es fällt mir sehr schwer, diese Art der Transformation zu spielen. Versteh mich nicht falsch. Der Glauben oder die Religion als solche haben nichts damit gemein, wie sie im Iran als Ideologie gedacht und instrumentalisiert wurde. Das war das Äquivalent zum geisteskranken Ariertum hier in Deutschland. Das ich nun, aufgrund meiner Herkunft, in Deutschland Rollen angeboten bekomme, in denen ich mich mit dieser Religion auseinandersetzen muss, ist eine andere Geschichte.
Wie hast du dich auf diese Rollen vorbereitet?
Ich musste zunächst meine eigenen Vorurteile überwinden. Viele Menschen, wie meine Protagonistin Kalila in 4 Blocks, suchen im Glauben einen spirituellen Halt. In der Diskussion um Islamismus wird vergessen, dass Religion wie jede Philosophie versucht, in unserer Existenz eine Sinnhaftigkeit zu entdecken. Es gibt viele ungelöste Fragen. Religion bietet einen Raum darüber nachzudenken. In der Politisierung der Religion geht diese Dimension völlig unter. In Denial stellen wir uns am Ende ja die Frage: „Warum sind wir eigentlich hier auf diesem im Weltraum herumfliegenden Planeten Erde und was hat es mit dem Tod auf sich?“ Darauf gibt der westliche Kapitalismus keine genügende Antwort.
Ich habe auch den Eindruck, dass unsere materialistische Kultur immer weniger ihr Glücksversprechen einlösen kann. Darum wenden sich immer mehr Menschen Religionen oder auch rituellen Praktiken wie Ayahuasca zu.
Klar. Wer eine Abwesenheit von Sinn spürt, hat andere Möglichkeiten, als sich mit institutionalisierter Religion zu beschäftigen.Wir spüren alle diese unglaubliche Angst vor dem Sterben, leben vorgefertigte Leben: Erfolgreich werden, Cash verdienen, Kinder kriegen und dann ist vorbei. Das ist eine sehr dürftige Antwort auf so etwas Magisches wie das Leben. Denn das ist fucking insane (lacht). Da ist Mysteriöses, Mystisches an unserer Existenz. Ob man das nun im Schamanismus findet oder indigene Kulturen danach befragt, was sie über die Natur wissen, die wir bei uns nur noch zubetonieren, das sei jedem selbst überlassen. Im Kern geht es darum, diese Vereinzelung, die wir erleben, nicht mehr weiter zu akzeptieren. Um es mit Gandhi zu sagen: es geht darum, die innere Gewalt zu überwinden, um zu einer besseren Welt zu kommen. Dort fängt es an. Das Politische folgt.
Du lebst ja seit fünf Jahren in Berlin- Neukölln. Ist der Stadtteil deine Heimat geworden?
Ich kann mir aber auch vorstellen, woanders zu leben. Ich werde jetzt zwei Monate in Kalifornien sein, um für meinen Dokumentarfilm zu drehen. Ich habe auch einen Van da. Unter meiner Lederjacke verbirgt sich ein totaler Hippie (lacht). Ich habe letztes Jahr zwei Monate darin gewohnt. Danach kann man vor sich selbst nur noch schwer rechtfertigen, warum man so hart arbeitet, um Geld zu verdienen und diesen ganzen Zirkus mitzumachen.
Was liebst du daran, so unabhängig zu sein?
Ich bin ja ein totales Stadtkind. Aber ich genieße die Natur, sehr. Man realisiert plötzlich, dass man in einem größeren Zusammenhang lebt. In der Stadt ist der Mond etwa völlig unerheblich. Nur, wenn du in der Wüste bist, sagt er dir, wann es Zeit ist schlafen zu gehen.
Du warst in der Wüste?
Ja, in der Mojave und dem Death Valley. Das macht einen sehr demütig und bescheiden. Be humble, wie Kendrick Lamar sagt.
Hier in Berlin fährst du ja einen ziemlich tollen Sportwagen, der ist gar nicht so bescheiden.
(lacht) Stimmt, einen Mazda MX 5. Der Wagen gehörte meiner Mutter und ist bald 30 Jahre alt. Vorher bin ich nur mit meinem schrottigen Fahrrad herum gefahren. Das ist ein echter Imagewandel. Auf der Sonnenallee kommt man damit auf jeden Fall super an.
Innen Hippie, außen Proll?
Ich weiß noch nicht mal, ob ich den Wagen durch den TÜV bekomme (lacht).
Interview: Ruben Donsbach
Fotos: David Fischer
Styling: Sina Braetz
Dieser Beitrag erschien erstmals in der Fräulein Ausgabe 4/ 2017