Auf den Spuren von Migration in der Mode.
Buch-Tipp: Traces. Migration & Fashion
Das Thema Migration begegnet uns überall. Unter dem Blickwinkel der Mode wurde es bislang aber kaum betrachtet. Das holt nun das Buch „Traces“ nach.
William Fan, Vladimir Karaleev, Hien Le, Leyla Piedayesh – diese Aufzählung ließe sich noch lange fortführen. Fällt etwas auf? Alle Designer haben nicht nur gemeinsam, dass sie zu den erfolgreichsten Namen der Berliner Modeszene gehören. Sondern auch, dass sie einen Migrationshintergrund haben. So flüchtete Leyla Piedayesh 1979 als 9-Jährige mit ihrer Familie von Teheran nach Berlin, unmittelbar vor Beginn des Ersten Golfkriegs. Vladimir Karaleev hingegen beschloss mit 19 Jahren auf eigene Faust der Enge seiner Heimatstadt Sofia zu entfliehen, um in Berlin der Designer zu werden, zu dem er sich dort nicht hätte entwickeln können.
Das neu erschienene Buch „Traces. Migration & Fashion“ erzählt ihre Geschichten und zeigt uns eigentlich vertraute Designer noch einmal von einer neuen Seite. In Artikeln, Interviews und Fotostrecken widmet es sich der Frage: Welche Spuren hinterlässt Migration in der Mode? Dabei geht es nicht nur darum, inwiefern die Berliner Modeszene von dem vielfältigen kulturellen Hintergrund ihrer Protagonisten profitiert. Sondern auch um Karrieren wie die des Modefotografen Juergen Teller, der im dem kleinen, bayerischen Dorf Bubenreuth geboren und später weltberühmt wurde, weil seinen Fotos eine seltsame Mischung aus Provokation und deutscher Spießigkeit anhaftete. Oder um das Berliner Designerkollektiv GmbH, das derzeit zu den international am meisten diskutierten Labels gehört. Gegründet haben es Serhat Isik, Sohn türkischer Einwanderer, und Benjamin Huseby, Sohn einer Norwegerin und eines Pakistaners. Erfolgreich ist das Label aber gerade wegen seiner spezifisch Berlinerischen Ästhetik, die stark vom Techno-Underground der Stadt inspiriert ist. Darüber hinaus werden in „Traces“ Phänomene angesprochen, die uns alle betreffen: Darf man die Stil-Codes von Einwanderungsgruppen, die in unserem Land gesellschaftlich benachteiligt sind, als Inspiration nutzen, oder wäre das kulturelle Ausbeutung? Wie gehen wir mit Frauen um, die sich bewusst für das Tragen eines Kopftuchs entscheiden?
All diese Fragen könnten aktueller nicht sein. Denn niemand von uns hat heute nur noch eine, eindeutig festgelegte Identität. Wir alle entstehen aus einem Sammelsurium von Einflüssen. Und das zeigt sich eben besonders auch in der Mode.
„Traces. Migration & Fashion“ ist im Distanz Verlag erschienen.
Beitrag: Ann-Kathrin Riedl
Bilder: Traces. Migration & Fashion/Distanz Verlag