Mit dabei sind Klassiker wie Rousseau, Nietzsche, Baudelaire, Freud und der Stadtsoziologe Georg Simmel, aber auch aktuelle Stimmen. Und wenn man meint, Mode sei ein von Frauen dominiertes Feld – der erste Text, der jemals von einer weiblichen Autorin zu diesem Thema geschrieben wurde, stammt von 1934. Auch diesen hat Vinken in ihren Band aufgenommen.
In einem Interview mit dem Freitag sagt sie, dass Textilien wie Texte und Kleidung als Kommentare lesbar sind. Die Mode arbeitet demnach mit einem vorgegebenen Vokabular, genau wie die Literatur. Eine neue Kreation unterzieht Vinken der Analyse wie andere ein Gedicht, buchstabiert Trends als kulturelle Muster aus und begreift Stoffe als Poesie.
Bislang meist als soziologisches oder kunsthistorisches Thema verstanden, begreift Vinken Mode ästhetisch. Bereits in ihrem Burch „Angezogen“ (2013, Klett-Cotta) versucht sie das, mit dem wir uns tagtäglich umhüllen, als Zeichensystem im historischen Wandel zu entziffern. Nicht nur Geschlechterrollen würden durch Mode definiert, auch ganz allgemeine Aussagen über den Zustand einer Gesellschaft ließen sich so treffen. Das kann sehr fruchtbar sein. Man lernt etwa, dass Bärte ursprünglich nichts mit Männlichkeit zu tun hatten, sondern als Zeichen von Trauer verstanden wurden. Oder dass Stöckelschuhe zunächst nicht für Frauen gedacht, sondern ein Zeichen militärischer, männlicher Macht waren.
Darauf aufbauend ist „Die Blumen der Mode“ ein umfassender Band, vollgepackt mit Gedanken und Theorien zur Philosophie der Mode, der jedem ans Herz zu legen ist, der normalerweise nicht nackt vor die Haustür geht.
Text: Alicja Schindler
Fotos: Kurt Rade, Klett-Cotta