Es ist das Gefühl, weder auf der einen, noch auf der anderen Seite vollends akzeptiert zu werden. Für die einen ist man „gar nicht so richtig Schwarz“, weil ein großer Teil des Umfeldes weiß ist – als sei das ein Kompliment. Für die anderen ist man ein „white girl“, weil man nicht singen kann – als sei das ein angeborenes Erkennungsmerkmal. Man versucht sich die Haare zu glätten (um sich der einen Seite anzupassen), doch der erste Regenschauer enttarnt einen. Man versucht seinen Afro richtig zu pflegen und zu stylen (um sich der anderen Seite anzupassen), doch es fehlt in diesem weißen Umfeld an Vorbildern, die Ahnung von Afro-Haar haben. Man versucht irgendwo seinen Platz finden, doch den scheint es auf keiner der beiden Seiten zu geben. Vielleicht aber auch einfach, weil auf beiden Seiten Platz für einen ist. Zwei halbe Plätze sozusagen. Das ist es, was #metwo ausdrückt: Den Spagat zwischen zwei Identitäten, zwei Kulturen, zwei Heimaten. Es ist eine lange und anstrengende Suche nach dem ganz persönlichen Zugehörigkeitsgefühl, die frustrierend, aber auch sehr bereichernd ist. Und genau deswegen möchte ich diese Suche keinesfalls missen.
Letztlich geht es bei dieser ganzen Diskussion nicht darum, ob die interessierte Eingangsfrage nach der Herkunft nun böse gemeint ist, oder nicht. Auch nicht darum, wie gravierend eine bestimmte Erfahrung mit Rassismus war. Es geht nicht darum, dass Nichtbetroffene nachvollziehen müssen, dass sich People of Color diskriminiert fühlen. Wie sollten sie dazu auch in der Lage sein? Rassismus ist ein Luxusproblem für Weiße. Sie sind privilegiert, sie genießen gewisse Vorrechte allein aufgrund ihres Aussehens. Sie sind nicht diejenigen, die wegen ihres Aussehens länger eine Wohnung suchen. Sie sind nicht diejenigen, die wegen ihres Nachnamens den Job nicht bekommen. Sie sind von Rassismus nicht betroffen und müssen sich hiermit nicht zwingend befassen, wenn sie es nicht möchten. Ziel dieser ganzen Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus soll sein, subjektive Erfahrungswerte auszutauschen und offen zu sein für das Empfinden der betroffenen Person. Darum, für dieses Thema sensibilisiert zu werden und zu sensibilisieren.
Insbesondere in Anbetracht unserer Historie haben wir noch einen sehr langen Weg vor uns. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir dem derzeitigen Klima in Europa (und gefühlt weltweit) trotzen können, solange wir solidarisch sind und den Diskurs aufrecht erhalten. Wenngleich #metwo nur an der Oberfläche kratzt, so hat es das Thema Rassismus mittlerweile zumindest in den öffentlichen Raum geschafft. Nun gilt es dieses Bewusstsein auch im Alltag umzusetzen und für mehr Diversität zu sorgen. Wie wäre es zum Beispiel mit mehr medialer Präsenz für People of Color und einem verpflichtenden anonymisierten Bewerbungsverfahren? Darf ich mir das noch nachträglich zum Geburtstag wünschen?
Beitrag: Penelope Dützmann
Bild: Autumn Goodman via Unsplash