Gehören Fashionbloggerinnen neben Modejournalistinnen in die Front-Row? Das Blogger-Bashing nach der Pariser Fashion-Week hat uns zum Nachdenken gebracht. Ein Pro und Contra:
Meinungsbildung in der Modebranche
Pro: „Die Marken, die sich Blogger in die Front-Row holen, nutzen deren Reichweite in den Medien, um auch ihren potenziellen Absatzmarkt zu vergrößern“
Pluralismus ist ein wichtiger Grundsatz der Demokratie. Nur durch eine Vielzahl von Standpunkten kann Meinungsbildung stattfinden. Ein Grundsatz, der Exklusivität und den elitären Zugang zu bestimmten Bereichen der Gesellschaft ausschließt. Die Modebranche galt lange als ein solch elitärer Bereich. Das hat sich geändert.
Schon vor einigen Jahren begannen sich Modejournalistinnen aus etablierten Redaktionen, die bis dato ein Monopol auf die Berichterstattung hatten, gegen die Zunahme von Bloggern in der Modewelt zu wenden. Vorwürfe wie Qualitätsverlust und Käuflichkeit wurden immer wieder laut.
Dabei ermöglichen Blogger der breiten Masse Zugang zur Mode-Branche. Durch soziale Netzwerke wie Instagram oder Snapchat können nun auch nicht geladene Gäste am Geschehen teilhaben. Das führt zu mehr Pluralismus und ist essentiell für die Demokratisierung der Modewelt. Denn warum sollte nur eine Modejournalistin einer etablierten Redaktion das Recht auf eine Stellungnahme zu einem Gut haben, das später durch die Öffentlichkeit konsumiert wird? Die Qualität der Berichterstattung wird dadurch jedenfalls nicht gesichert.
Marken, die sich Blogger in die Frontrow holen, nutzen deren mediale Reichweite, um ihren potenziellen Absatzmarkt zu vergrößern. Das ist legitim. Letztendlich ist auch die Modeindustrie eine (Luxus)Industrie, die am Verkauf von Produkten und ihrer Gewinnmaximierung interessiert ist.
Und was die Käuflichkeit von Bloggern angeht, die in gesponsorten Outfits auftreten und Kooperationen mit Marken aushandeln: Jedes Modemagazin lebt auch von Editorials, die Produkte ästhetisch inszenieren. Und von den Streetstyles besagter Blogger, die in den Online Rubriken die meisten Klicks generieren und auch für etablierte Redaktionen nicht mehr wegzudenken sind.
Contra: „Man kann keine objektiven Artikel erwarten, wenn Blogger von Label XY gesponsert werden“
„Mode ist eine Synthese aus Wissen und Ausprobieren“, sagte einst Vivienne Westwood über ihre eigene Branche. Ob sie erwartet hat, dass mit den Bloggern das Wissen in den Hintergrund rückt? Sie sind überall, belagern die Front-Rows und teilen immer und überall ihre ungefilterte Meinung.
Bei Modenschauen reicht es aber nicht, ein Video auf Snapchat zu posten oder Instagram mit Bildern zu bombardieren. Es braucht eine Analyse des Gesehenen. Wenn man sich die Präsentationen von Victor & Rolf anschaut, kann man diese Veranstaltungen mit einer Vernissage gleichsetzen. Um zu verstehen, was hinter der Kleidung steckt, welche Inspiration die tragende Rolle spielt oder wie der Designer durch die Kollektion die Gesellschaft reflektiert, braucht es fundiertes Wissen in der Modegeschichte. Wenn Blogger über ihre subjektiven Empfindungen der Kollektionen schreiben, wird das der Idee hinter der Mode nicht gerecht.
Eine Suzy Menkes respektiert man nicht für Make-Up Tutorials oder Outfit-Posts. Wenn sie über die Fashion Weeks berichtet, setzt sie jede Kollektion in Kontext. Ihre Texte haben eine Tiefe, die den Leser informieren und weiterbilden, ohne ihm die Mode vorzuenthalten.
Klar, auch Blogger sind ein wichtiger Teil in der Branche und das sollen sie auch bleiben. Sie sind die Verbindung zwischen dem Designer und dem Konsumenten und generieren eine Win-Win-Situation für sich selbst, das Modehaus und das Publikum. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass sie den Labels gegenüber natürlich voreingenommen sind. Man kann gar nicht erwarten, dass sie einen objektiven Artikel über die Modewochen schreiben, wenn sie von Label XY ihre Outfits gesponsert bekommen und die Reise von Modehaus Z bezahlt wird.
Vivienne Westwood hat recht wenn sie fordert, dass das Wissen um Mode und Modegeschichte nicht verloren gehen darf. Bloggern liegt das Ausprobieren, Modejournalisten aber sind ausgebildete Fachleute. So sollte doch jeder bei dem bleiben, was er am besten kann und nicht einen Trend befeuern, der zur Übervermarktung führt und der Mode ihre Spannung und Besonderheit nimmt.
Beitrag: Laura Greiff und Louisa Markus
Screenshot: https://vimeo.com/121796968